Darum ist Teams kein Selbstläufer
Durch die Corona-Pandemie hat das digitale Arbeiten einen nie dagewesenen Hype erfahren. Allein durch die Tatsache, dass sich Millionen an Arbeitnehmern quasi von heute auf morgen – zum Teil ohne Vorbereitung und technische Ausstattung – im Home-Office wiederfanden, wurden die bis dato oft schmählich genutzten digitalen Werkzeuge als das Mittel der Wahl herzlich willkommen geheißen.
Die Zusammenarbeit und Kommunikation wurden quasi über Nacht digital. Die Nutzungs- und Verbreitungszahlen allein für Online Meeting Tools schossen ins Unermessliche.
Wer kennt nicht das nette Bildchen mit der augenzwinkernden Frage: „Wer hat im Unternehmen die digitale Transformation gestartet – der CEO, der CIO oder COVID-19?“ Hat COVID jetzt also endlich die digitale Transformation des Arbeitens gebracht, von der wir seit Jahren sprechen? Den damit verbundenen Produktivitäts-Boost, den wir uns seit langem erhoffen? Aber fand wirklich auch ein Umdenken in der Art zu arbeiten statt? Oder haben wir in erster Linie lang praktizierte analoge Meetings und Besprechungskulturen aus der Not heraus online fortgesetzt?
Schaut man genauer hin, wird schnell klar, natürlich fand kein Re-Design der Art der Zusammenarbeit und der Kommunikation statt, wie auch – in so kurzer Zeit! Im Gegenteil, nun treten die schlechten Gewohnheiten in ihrer Auswirkung noch viel stärker hervor, nachdem wir alle permanent online sind. Eine davon ist beispielsweise die „Hyper-Responsiveness“ – der Druck, sofort auf alles reagieren, antworten zu müssen. Wer kennt den nicht? Oder der innere Drang, an allen Online-Meetings teilnehmen zu müssen, zu denen man eingeladen wird, egal ob man einen Beitrag leisten kann oder aktiven Teil hat oder nicht.
Ist das wirklich neu? Nein, natürlich nicht. Laut einer Umfrage, die Microsoft mit Gartner vor 2 Jahren primär mit sogenannten „Information Workers“ durchgeführt hat, verbringen wir mehr als 50 % unserer Arbeitszeit damit, unsere Arbeit zu managen, 20 % sind erforderlich, um die Informationen zu finden, die wir brauchen, und 28 %, um unsere E-Mails abzuarbeiten.
Was ist nun neu? Jetzt, wo fast die gesamte Belegschaft online ist, könnten nahezu alle mit diesem Phänomen konfrontiert sein.
Daher möchte ich jetzt einmal provokant die Frage in den Raum werfen: Ist Microsoft Teams ein Segen oder ein Fluch? Die Erfahrung zeigt, dass Anwender schnell begeistert sind, wenn sie anfangen, mit Teams zu arbeiten. Es ist ja auch total trendy und innovativ, sich in möglichst ausgefallenen Hintergründen in Teams-Besprechungen zu zeigen, sich auf die neusten Features und Gimmicks wie hebende Hände und Pop-Out Chats zu stürzen, zu „taggen“, zu „@-mention“ und zu „liken“, was das Zeug hält. Es wird also gechattet und „videokonferenzt“ wie nie zu vor.
Teams schießen wie Pilze aus dem Boden. Kanäle sind auch schön, werden auch gleich mal im Überfluss und auf Vorrat angelegt, und großartig, es gibt auch private Kanäle. Und dann all die Kanalbenachrichtigungen, die keiner ausblendet oder durch Anheften, Stummschalten oder andere Möglichkeiten überhaupt ein bisschen strukturiert.
Irgendwann stellt der Anwender dann fest, es wird unübersichtlich und damit ungemütlich. Spätestens dann, wenn unter Kollegen die Frage die Runde macht, in wie vielen Teams du bereits Mitglied bist, sollten die Alarmglocken läuten. Dann wird sich jeder, wirklich jeder – bewusst oder unbewusst – die Fragen stellen: Muss ich das jetzt wirklich alles lesen? Und wann soll ich dann noch meine Arbeit machen?
Spätestens also, wenn neben den üblichen E-Mails, WhatsApp, Twitter, Instagram, LinkedIn, Facebook und sonstigen Nachrichten nun auch noch Teams den Anwender mit Benachrichtigungen und Informationen bombardiert, lässt die anfängliche Euphorie und Motivation spürbar nach.
Dann wird aus dem Segen schnell ein Fluch und es wird nicht wie erhofft besser, sondern am Ende sogar schlimmer.
Warum besteht diese Gefahr?
Weil hinter Teams auch ein Paradigmenwechsel in der Art zu arbeiten steckt. Was die Kommunikationsform angeht, bedeutet Teams eine 180-Grad-Wende – von der Einzelkommunikation zur Gemeinschaftskommunikation, vom Push zum Pull.
Wie war das in der „alten“ Welt? Immer, wenn jemand etwas von uns wollte, hat er eine E-Mail geschickt. An Kollegen direkt, Projektgruppen gerne mit vielen Menschen in „cc“, bei Führungskräften beliebt als Weiterleitungen „von oben“ mit dem knackigen „FYI“ oder „Bitte um Umsetzung/Beachtung“.
Das klassische „Push“ also – man bekommt alles Relevante (oder auch vermeintlich Relevante), Aufgaben und Informationen direkt ins Postfach gepusht.
E-Mail steuert alles, was zu tun ist, setzt Prioritäten, alles zentral im Postfach. Was oben steht in der Inbox, ist die nächste Aufgabe, die zu tun ist.
Und in der neuen Welt mit Teams?
Da schreibt ab sofort einfach jeder in die Kanäle. Hier eine Info, dort ein neues Thema, eine neue Unterhaltung, ein neuer Thread, auch mal eine Ankündigung oder einfach eine Datei, die ins Team geladen wird.
Und so laufen die Kanäle voll. Orts- und geräteunabhängig, mobil und zu jeder Tages- und Nachtzeit. Überall Fettschrift für Neues, viele Benachrichtigungen, Erwähnungen, rote Zahlen, Banner und selbstverständlich auch E-Mails von Teams.
Die Folge – egal, ob neue oder alte Welt – hängt davon ab, ob man ein Typ A „Alles-Leser“ oder Typ B „Alles-Ausblenden-Könner“ ist:
Was passiert in der neuen Welt?
- Als Typ A-Mitarbeiter hat man typischerweise ein aufgeräumtes, sauberes Postfach. Somit ist auch nun alles gelesen, was in den Teams passiert, wo man Mitglied ist. Dafür spendiert man einen immensen unproduktiven Zeitaufwand, grob geschätzt mindestens 50 %.
- Als Typ B-Mitarbeiter sammelt man alles im Postfach, somit nun in Aktivitäten, in Chats oder Kanälen, fett und ungelesen. Man kann alles an Benachrichtigungen ignorieren, was nicht direkt und persönlich an einen adressiert ist.
In beiden Welten droht Typ A noch mehr der Information-Overkill und durch Typ B, der sich in der neuen Welt nicht mehr verantwortlich fühlt, die Notwendigkeit, parallele Welten zu betreiben.
Im Ergebnis, egal ob Typ A oder B, wird ein produktiveres Arbeiten mit Microsoft Teams eine Illusion bleiben.
Die zentrale Frage und Antwort lauten daher: Ist Microsoft Teams ein Selbstläufer? Und die Antwort dazu: NEIN.
Und was sagt Microsoft selbst?
Zitat Microsoft: „Microsoft Teams erfordert eine völlig neue Art zu arbeiten und damit immense Verhaltensänderungen bei allen Mitarbeitern, egal ob Führungskraft, Information Worker oder Sachbearbeiter. Wer glaubt, das sei wie WhatsApp ein Selbstläufer, wird eine herbe Enttäuschung erleben.“
Fazit: Produktivere Arbeitsweisen mit und ohne Microsoft Teams sind in erster Linie eine Frage des Mindsets und der damit verbundenen Verhaltensänderungen. Eine neue produktivere Art zu arbeiten braucht demnach andere, neue Fähigkeiten!
Voraussetzung für den effektiveren Umgang mit den neuen Werkzeugen ist ein Verlernen der „alten Gewohnheiten“ und ein Erlernen neuer Verhaltens- und Denkweisen – es gilt, eine sogenannte „digitale Kompetenz“ oder ein „digitales Mindset“ zu entwickeln.
Um was geht es da, was ist damit konkret gemeint?
Hier nur ein paar Schlagwörter:
Im konkreten Beispiel gilt es, die Fähigkeit zu entwickeln, fokussieren und filtern zu können, was relevant, notwendig und lesenswert ist, was also zu holen ist. Wir müssen lernen, zu fokussieren und wie Relevanzfilter aktiv zu managen sind sowie Spielregeln zu vereinbaren: Wie arbeiten wir zusammen? Was muss jeder aufhören zu tun und was muss jeder anfangen zu tun (STOP/START)? Welche Verhaltensänderungen sind erforderlich und wie werden diese nachgehalten?
Nur so gelingt eine neue Art zu arbeiten – digitaler, verteilter und vor allem produktiver.
Ich möchte Ihnen an 2 Beispielen aufzeigen, was das konkret bedeutet:
1. Relevanzfilter
2. Teilen und Teilhaben
Kommen wir zur Kernfrage zurück: Wie gelingt eine neue produktivere Art zu arbeiten?
Es geht also um digitale Kompetenz, um digitales Mindset und dem intrinsischen Wunsch nach neuen Arbeitsweisen. Aber der kommt nicht einfach so! Warum? Weil Veränderung uns Menschen nicht von Natur geben ist – im Gegenteil. Offen für Veränderung, Neues sind nur wenige Menschen, sogenannte „Early Adopters“. Die überwiegende Mehrheit der menschlichen Art ist eher skeptisch, zögerlich, wenn nicht gar ablehnend gegenüber Neuem.
Daher braucht es einen anderen Ansatz, neue digitale Werkzeuge und Technologie an die Menschen, an die Anwender, an die Mitarbeiter zu vermitteln, sie zu bewegen, diese nachhaltig produktiv zu adaptieren.
Wie kann es gelingen, womit anfangen?
- Durch auf Mindset (und NICHT Toolset) ausgerichtete Schulungen sukzessive die Entwicklung digitaler Kompetenz fördern, allen Mitarbeitern erst mal die Grundprinzipien des neuen Arbeitens mit Microsoft Teams verständlich machen und
- anschließend auf breiter Basis Standardarbeitsabläufe bzw. Kernarbeitsweisen in Form von Szenarien oder auch Use-Cases und dafür erforderliche Spielregeln festlegen, auf die sich alle Mitglieder eines „Projekt“-Teams verständigen.
Wie können wir Sie dabei unterstützen?
In unserem Szenarien-Workshop zeigen wir Ihnen, was die Grundprinzipien eines produktiven Arbeitens mit Microsoft Teams sind, geben Ihnen konkrete Tipps und Tricks an die Hand, wie Sie sukzessive digitale Kompetenz aufbauen und wie Sie über Standardarbeitsabläufe sogenannter Szenarien oder Use-Cases und damit einhergehenden Spielregeln schnell auf breiter Basis die neuen Arbeitsweisen adaptieren.
Falls Sie Fragen hier zu haben, nehmen Sie gerne Kontakt zu uns auf: